Was, wenn J.S. Bach Klezmer gespielt hätte?
Zwei uralte Traditionen treffen aufeinander, umspielen sich, necken sich, fassen sich.
Eine einsame Geige mit Bachs Partita steht einem feurig charmanten Klezmer-Quartett gegenüber. Doch der Mäander bahnt sich seinen Weg, gräbt neue Windungen. Wo gerade noch ein Gegenüberstellen der Musikstile war, verschmelzen diese nun miteinander zu einer neuen Komposition der Gegenwart. Zwei Strömungen nähern sich einander an und werden zu einem großen, mitreißenden Fluss.
Ein Konzept von Pablo Hubertus und Sophie Kockler, die bereits seit über 10 Jahren in verschiedenen Kontexten zusammen musizieren und vor zwei Jahren mit Mäander ihr erstes gemeinsames Projekt ins Leben gerufen haben. Barock und Klezmer – zwei Stile, die sich recht selten im Konzertsaal begegnen, geschweige denn eine Symbiose miteinander eingehen – oder eben doch? Eine Suche nach Gemeinsamkeit im vermeintlichen Gegensatz, getragen von unendlicher Experimentierfreude.
“AUS UNERFINDLICHEM GRUND IST DIE SCHWERMUT MIT FREUDE DURCHMISCHT” CHARLES MASSON
Im Mittelpunkt steht eines der zentralsten Werke Johann Sebastian Bachs: die D-Moll Partita mit ihrer berühmt-berüchtigten Chaconne. Mäander lässt sie nicht nur in barocken Zungen erklingen. Übersetzt in die Sprache und Dialektik des Klezmers werden neue Ebenen des tiefgründigen Werkes an die Oberfläche gebracht und musikalisch-emotionale Perspektivwechsel ermöglicht.
Mit:
Pablo Hubertus – Violine
Sophie Kockler – Klarinette / Bassklarinette
Johanna Bechtel – Violine
Martin Schley – Gitarre
Timon Krämer – Kontrabass
Nachlese zum Konzert am 12. 3. 2023 im Kath. Pfarrheim St. Josef Holz
Die Konzertankündigung „Mäander – if Bach was a Klezmer“ hat offenbar viele Musikfreunde neugierig gemacht – immerhin 75 Besucher fanden den Weg ins kath. Pfarrheim St. Josef in Holz, eine Spielstätte, die erstmals von uns speziell zu diesem Konzert ausgewählt wurde. Wir waren denn
auch als Veranstalter sehr erfreut über die gute Besucherresonanz, aber mindestens ebenso über die angenehme, fast familiäre Atmosphäre des Spielortes, die von Anfang an den musikalischen Funken von der Bühne zu den Zuhörern überspringen ließ, was wiederum die jungen Musiker zur Höchstform auflaufen ließ.
Nach einer ersten Annäherung der beiden sehr unterschiedlichen Musikprinzipien des Bach`schen Barock und der noch älteren jüdischen Klezmer-Tradition präsentierten die Protagonisten Pablo Hubertus (Violine) und das Sophie Kockler- Quartett (Klarinette, Violine, Gitarre, Kontrabass) zwei bedeutende Werke von Bach in neuem Gewand. Im ersten Teil war es die berühmte Chaconne aus der Partita d-moll, BWV 1004, mit dem langen Solopart der Violine im Bach`schen Original, umrahmt von Klezmerklängen. Im zweiten Teil war dann das Konzert für Violine und Oboe in c-moll, BWV 1060R zu hören. Sehr gekonnt von Sophie Kockler im Klezmerstil arrangiert und voll jugendlicher Spielfreude musiziert. Das Programm wurde ergänzt durch verschiedene Musikstücke im Klezmerstil, davon eine fetzige Zugabe nach langanhaltendem begeistertem Applaus.
Ob Bach seine Werke so oder so ähnlich komponiert hätte, wenn er die Klezmer-Tradition gekannt und für sich adaptiert hätte, ist natürlich eine rein spekulative Frage. Letztlich war es ein interessantes Gedankenspiel, das nach fantasievoller akribischer Vorarbeit in einen mitreißenden Konzertabend mündete.